DIE WAHRHEIT LÜGEN

Die Renaissance des Erzählens in der jungen österreichischen Literatur

Herausgegeben von Helmut Gollner

Studien Verlag
Innsbruck 2005
185 Seiten, € 21,–


 Es darf wieder erzählt werden in der österreichischen Literatur. Vorbei sind die Zeiten, als ein junger Autor, der auf sich hielt, sein Schreiben bis zur Selbstauflösung in Frage stellen musste, sollte oder wollte. Die Sprachskeptiker stellen heute die Vätergeneration, und der Nachwuchs geht andere Wege, kommt dem Leser entgegen. Und der wiederum dankt es, indem er die Bücher kauft, liest und sich locker amüsiert dabei. So weit, so gut. Autor und Leser sind sich einig, und die Literaturwissenschaft quittiert mit weitgehender Nichtbeachtung.
Aber nun hat sich der Universitätslektor und Literaturkritiker Helmut Gollner  des Themas angenommen: „Die Wahrheit lügen. Die Renaissance des Erzählens in der jungen österreichischen Literatur“ präsentiert Autoren im Interview, die das neue Erzählen für sich entdeckt haben. Etwa Paulus Hochgatterer mit seinem medizinisch-analytischen Blick, Dimitré Dinev und die epische Breite, Thomas Glavinic nüchtern realistisch, Daniel Kehlmann und seine satirische Ader, Ernst Molden und die Underground-Welten, Vladimir Vertlib mit distanziertem Migrantenblick oder Martin Amanshauser und seinen Sinn für das Groteske. All jenen stellt Gollner die Gretchenfrage nach ihrer Erzählhaltung. Ist es eine Rückkehr zur Tradition der Großväter? Oder handelt es sich vielleicht doch um eine neue Art und Weise des Erzählens? Oder um viele neue Wege des Erzählens? In einem Punkt aber sind alle sich einig: „Gschichterldrucken“ allein macht noch lange keine Literatur. „Naive“ Erzähler sind sie jedenfalls nicht, auch wenn sie gerne unterhalten.
In weiteren der insgesamt 19 Interviews lässt Gollner auch Literaturwissenschaftler und -kritiker (z.B.: Wendelin Schmidt-Dengler, Daniela Strigl) zu Wort kommen, außerdem Autoren aus anderen Literaturtraditionen (u.a. Franzobel, Bettina Baláka, Evelyn Schlag) oder den Verleger Herbert Ohrlinger (Zsolnay).
Die Anthologie könnte der längst überfällige Auftakt sein zu einer spannenden Auseinandersetzung über das (neue) Erzählen als zeitgemäßes Instrument zur literarischen Verarbeitung von Wirklichkeit.


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